Foto: Gardasee.com
Das Rennrad und der Gardasee – Ein Stück Italien…
Für alle diejenigen, die ihr Rennrad mit in den Urlaub nehmen, ist der Gardasee eine ideale Location. Das Rennrad ist am Lago di Garda so was ähnliches, wie eine Eintrittkarte in einen Club. Es macht aus einem normalen Touristen einen Einheimischen. Nicht nur am Gardasee, sondern überall in Italien. Ich war gerade wieder unten, in meiner zweiten Heimat und möchte ein bisschen was davon erzählen.
Es ist schon komisch: Du wirst auf ein Glas Rotwein eingeladen und sie reden mit dir, als wenn du einer von ihnen wärst, hier am Gardasee. Und das alles hast du deinem Rennrad zu verdanken. Bist du damit unterwegs, verwandeln sie dich vom Touristen in einen, der zu ihnen gehört. Du bist ein „Corridori“. Der eine stellte sich als Enrico vor, der andere hieß Umberto. Zwei typische, ältere Italiener in abgewetzten Wollpullis und dünnen Stoffhosen. Gepflegt unrasiert mit schwarzen Haaren, die schon deutliche, graue Strähnen hatten. Enrico war 73, Umberto zählte schon 82 Jahre. Sie nahmen mich sofort in ihre Mitte und luden mich ein, auf einen Wino Rosso und auf Aqua Minerale. Sie fanden es toll, dass ich mit meinem Rennrad am Gardasee herum toure und wollten, dass ich ein bisschen von mir erzähle. So beginnt meine Urlaubsgeschichte vom Gardasee, den ich jedes Jahr mehrmals mit dem Rennrad unsicher mache.
Meine Story beginnt aber nicht auf dem Rennrad, sondern in einer kleinen, typischen italienischen Straßenbar, an einem etwas baufälligem Aluminumtisch. „Das Rennrad gehört hier am Gardasee genauso zur italienischen Seele, wie der Rotwein!“ sagte Umberto zu mir. Die beiden Bilderbuch-Italiener wollten nur kurz in die Bar kommen und hätten mit ihrem betagten und mit Schrammen übersäten Cinquecento beinahe mein Rennrad zerlegt, das ich an der Terrasse angelehnt hatte. Es ist aber zum Glück nichts passiert. Die beiden flirteten mit der rassigen Bedienung und kamen gleich zu mir, um mich auf ein Gläschen einzuladen. Das gehört am Gardasee zur Sitte und ich sagte natürlich nicht nein. Also: „Salute“.
Urlaubstour de Gardasee
Eigentlich hätte ich es ja beim Aqua Minerale belassen sollen, an diesem heißen Julivormittag. Schließlich hatte ich am Vortag bereits fünfzig Kilometer mit dem Rennrad absolviert. Über ziemlich anstrengende Passstraßen. Um halb neun Uhr Morgens bin ich in Riva, also am Nordufer des Gardasee losgefahren. Dann wand sich die Straße den Berghang nach oben und mir wurde immer wärmer. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel. Der Gardasee, mit seinen überfrequentierten Promenaden, verschwand langsam aus meiner Sichtweite und irgendwann erreichte ich nach einer letzten langen Kehre eine Art Alm, ein Rifugio, also eine Passhöhe. Es war, wie wenn ich mit meinem Rennrad in eine andere, aber ebenso typische italienische Welt radeln würde. Und das nur etwa 25 Kilometer vom Gardasee weg.
Nach dem ersten Glas Rotwein fühlte sich die Bar wie die Quintessenz Italiens an. Enrico und Umberto klopften mir auf die Schulter und wollten alles gang genau wissen. Wo ich herkomme, wo ich hinfahre und ob ich daheim auch Rennrad fahre. Beim zweiten Glas Vino Rosso erklärten mir die beiden Gardasee Urgesteine, dass sie Italiener Motorradfahrer nicht mögen, Cabriofahrer veräppeln und die zahlreichen Mountainbiker hier am Gardasee nur dulden. „Aber euch auf dem Rennrad“, sagte Umberto, „Euch lieben wir!“ Er hatte recht: Mit dem Rennrad fühlst du dich hier am Gardasee schnell wie ein „Dazugehöriger“, wie ein Teil Italiens, wie ein echter Italiener. Das Rennrad ist wie eine Eintrittskarte in einen Club, der aus einem deutschen Touristen einen Gleichgesinnten macht. Auf den Straßen grüßt man dich, die Autofahrer passen auf dich auf (ganz anders als in Deutschland), auf den Dorfplätzen unterhält man sich mit dir (auch anders als bei uns daheim) und stehst du mit deinem Rennrad mal ratlos an einer Abzweigung, kannst du dich auf eines verlassen: Hier am Gardasee dauert es nicht lange, bis ein italienischer Kollege (davon gibt es eine Menge) fragt, wohin du willst und ob er dir helfen kann.
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